Bürgermeister von Bad Lobenstein wird vorläufig aus dem Dienst enthoben

31. August 2022 - Rechtaussichtsbehörde ordnet nach dienstrechtlicher Prüfung aufgrund schwerwiegender Verfehlungen vorläufige Dienstenthebung an / 1. Beigeordneter übernimmt Amtsgeschäfte

Rathaus Bad LobensteinRathaus Bad Lobenstein

Bad Lobenstein. Der Bürgermeister der Stadt Bad Lobenstein, Thomas Weigelt, wurde am Mittwoch, 31. August, vorläufig aus dem Dienst enthoben. Zu diesem Entschluss kam die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde des Saale-Orla-Kreises nach dienstrechtlicher Prüfung mehrerer schwerwiegender Verfehlungen des Stadtoberhauptes. Ein entsprechender Bescheid wurde Thomas Weigelts Anwalt am Vormittag übersendet. Mit dessen Zustellung trat die vorläufige Dienstenthebung umgehend in Kraft.

Rechtliche Grundlage für diesen drastischen, thüringenweit äußerst seltenen Vorgang ist das Thüringer Disziplinargesetz. Das sieht bei Verfehlungen von Beamten, wozu auch Wahlbeamte wie Bürgermeister gehören, verschiedene Maßnahmen bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis vor.

Konkret führt die Rechtsaufsichtsbehörde sechs erhebliche Dienstpflichtverletzungen auf, die nicht nur aufgrund der Anzahl, sondern auch aufgrund ihrer Verschiedenheit – Diffamierung von Verfassungsorganen, finanzielle Schädigung der Stadt Bad Lobenstein, körperlicher Angriff – nicht als Augenblicksversagen oder versehentliches Fehlverhalten abgetan werden können.

Da Thomas Weigelt aufgrund der Art und Weise, der Summe und der Schwere der Vorwürfe, die gegen ihn im Raum stehen, voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt wird, kann er durch die Rechtsaufsichtsbehörde gemäß Paragraf 42 des Thüringer Disziplinargesetzes bereits vor Abschluss des Verfahrens des Dienstes enthoben werden.

Der Begriff „voraussichtlich“ ist in diesem Fall nicht als Vorverurteilung zu verstehen. Allerdings überwiegt aufgrund der Summe der Vorwürfe die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kommen wird.

In Ausübung des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums kommt die Rechtsaufsichtsbehörde zu dem Schluss, dass das Interesse an einer Fernhaltung des Bürgermeisters vom Dienst gegenüber dessen Recht auf amtsangemessene dienstliche Beschäftigung überwiegt. Daher wird er – einhergehend mit einer Kürzung der Dienstbezüge – umgehend aus dem Dienst enthoben.

Sollten die laufenden Ermittlungen der Rechtsaufsichtsbehörde zur Erhebung einer Disziplinarklage führen, würde die Entscheidung über eine endgültige Entfernung von Thomas Weigelt aus dem Beamtenverhältnis am Verwaltungsgericht Meiningen fallen.

Bis zu einer eventuellen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder eines möglichen anderen Abschlusses des Disziplinarverfahrens gegen Thomas Weigelt wird der 1. Beigeordnete der Stadt Bad Lobenstein, Klaus Möller, die Amtsgeschäfte führen.


Pressesprecher
Alexander Hebenstreit


 

Auszüge aus dem Gesetz

Thüringer Disziplinargesetz (ThürDG)

§ 11 Festlegung der Disziplinarmaßnahme
(1) Die zuständigen Disziplinarorgane entscheiden über die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme soll vorrangig danach bemessen werden, in welchem Umfang der Beamte seine Pflichten verletzt und das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat; das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen.
(2) Ein Beamter, der durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, soll aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. […]

§ 41 Disziplinarklage
Wird das Disziplinarverfahren nicht durch Einstellung oder Erlass einer Disziplinarverfügung abgeschlossen, ist zur […] Entfernung aus dem Beamtenverhältnis […] Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben. Bei Beamten wird die Disziplinarklage durch die oberste Dienstbehörde […] erhoben.

§ 42 Vorläufige Dienstenthebung, Rechtsbehelf
(1) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach Einleitung des Disziplinarverfahrens einen Beamten vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis […] verhängt werden wird […].
(2) Die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung wird mit der Zustellung wirksam und vollziehbar. […]

§ 80 Beamte der kommunalen Gebietskörperschaften und der Verwaltungsgemeinschaften (Kommunalbeamte)
(2) Für […] Bürgermeister […] nimmt die Rechtsaufsichtsbehörde die Aufgaben des Dienstvorgesetzten, des höheren Dienstvorgesetzten und der obersten Dienstbehörde wahr. […]

Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG)

§ 33 Grundpflichten
(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.


Thüringer Gesetz über kommunale Wahlbeamte (ThürKWBG)

§ 2 Beamtenverhältnis
(1) Wer zum […] Bürgermeister […] gewählt ist und die Wahl angenommen hat, ist mit dem Beginn der Amtszeit kommunaler Wahlbeamter, und zwar nach den kommunalrechtlichen Bestimmungen Beamter auf Zeit oder Ehrenbeamter. […]