Neustädter Feuerwehrleute berichten von Einsätzen im Großschadensgebiet

21. Juli 2021 - Gespräch mit Landrat Thomas Fügmann nach Rückkehr der Einsatzkräfte aus dem Raum Ahrweiler

Landrat Thomas Fügmann im Gespräch mit Neustädter FeuerwehrleutenLandrat Thomas Fügmann im Gespräch mit Neustädter Feuerwehrleuten

Neustadt. Sie sind zurück aus dem Großschadensgebiet im Raum Ahrweiler – die sechs Neustädter Feuerwehrleute, die am Freitag nach einer Anforderung aus Rheinland-Pfalz mit insgesamt 70 Thüringer Feuerwehrleuten gestartet waren.

Landrat Thomas Fügmann besuchte sie am Dienstag früh im Neustädter Feuerwehrgerätehaus, wo sie die Ausrüstung und das Fahrzeug gründlich säuberten und für nächste Einsätze vorbereiteten. Zuvor sprachen die Kameraden und Vertretern der Stadt Neustadt und vom Landratsamt über ihre Eindrücke und Erfahrungen.

Der Neustädter Wehrleiter Jan Müller berichtete von dramatischen Zuständen nach dem zerstörerischen Hochwasser. Bilder im Fernsehen und Fotos in den Medien könnten nicht ausdrücken, was man dort mit eigenen Augen sehen könne, so Jan Müller.

Die Neustädter Kameraden bildeten im Raum Ahrweiler eine Hygieneeinheit, gemeinsam mit Feuerwehrleuten aus Gera. Auf dem Fahrzeug Dekon-P, das eigens für Katastropheneinsätze und die notwendige Dekontaminierung von Mensch und Material entwickelt wurde, führten sie unter anderem Duschzelte mit, die sie in Bad Neuenahr aufbauten. Sie wurden vor Ort von Einsatzkräften, helfenden Landwirten und Einwohnern mit größter Dankbarkeit angenommen. An eine funktionierende Wasserversorgung sei dort aktuell nicht zu denken.

In der Bevölkerung in der Krisenregion sowie bei den zahlreichen Helfern verschiedener Organisationen erlebten die Kameraden sowohl größtes Leid und Verstörung über die unfassbaren Verluste, aber auch große gegenseitige Hilfsbereitschaft und erstaunlichen Optimismus. Mit größtem Respekt sprachen die Neustädter Kameraden von den Einsatzkräften aus der Großschadensregion. „Die funktionieren nur noch. Sie werden sehr lange brauchen, um das alles zu verarbeiten“, so Jan Müller. Im Gegensatz zu den Kräften aus der ganzen Bundesrepublik, die abwechselnd dort im Einsatz sind, könnten sie aber nach ein paar Einsatztagen nicht in ein geordnetes Zuhause fahren. Sie sind selbst Betroffene der Unwetterschäden. Beispielsweise wurden im Raum Ahrweiler bis auf eine auch alle Gerätehäuser der Feuerwehren durch die Fluten zerstört, berichtet Müller.

Teilweise seien in den kleinen Städten die Wohnhäuser bis zum 2. Obergeschoss unter Wasser gewesen. Dunkle Ränder an den hellen Fassaden zeigen, wie hoch das Wasser stand. Zurück blieb eine dicke Schlammschicht in den Häusern, Wohnungen, Geschäften und den zahlreichen Tiefgaragen. Auch die großen Einkaufsmärkte wurden von den Wassermassen extrem in Mitleidenschaft gezogen.

Was die Menschen dort jetzt leisten, sei kaum zu beschreiben. Außerdem sei es eine gigantische logistische Leistung, wie der Müll – alles, was das Hochwasser unbrauchbar gemacht hat – aus den Städten auf große Lagerplätze gebracht werde. Jan Müller berichtet in höchster Anerkennung auch von den Landwirten, die quasi rund um die Uhr bis zur Erschöpfung mit ihren Fahrzeugen in den Orten unterwegs sind und helfen, wo sie irgendwie helfen können.

Schließlich seien viele Straßen, Brücken, Gleise zerstört. Der Wiederaufbau werde nicht in kurzer Zeit zu schaffen sein. Bewohnern besonders betroffener Orte hätten Verantwortliche angekündigt, dass ihre Häuser in den kommenden Wochen und Monaten nicht wieder bewohnbar sein würden; sie sollten sich in der Region Wohnungen suchen, hieß es.

Anhang einer Fotopräsentation mit Bildern, die die Neustädter Kameraden mit ihren Handys aufgenommen hatten, resümierte der Neustädter Wehrleiter die Erlebnisse und den Einsatz in der Region Ahrweiler und zog Schlussfolgerungen für die Aufgaben des Katastrophenschutzes und der Feuerwehren im Saale-Orla-Kreis, die er direkt mit Landrat Thomas Fügmann und Heiko Bauroth vom Sachbereich Brand- und Katastrophenschutz des Landratsamtes diskutierte.

Alle Teilnehmer der Gesprächsrunde, zu der auch der Landtagsabgeordnete Christian Herrgott gehörte, waren sich einig, dass Unwetterschäden auch den Saale-Orla-Kreis treffen und gigantische Schäden anrichten können. Man müsse aus den Erfahrungen der jetzigen Katastrophenlage in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen lernen.

Landrat Thomas Fügmann dankte den Kameraden für ihre Bereitschaft, in ein solches Krisengebiet auszurücken und dort Hilfe zu leisten. „Wenn man die Bilder in den Medien sieht, ist man total schockiert“, so Fügmann, der weitere Einsätze von Feuerwehrleuten aus dem Saale-Orla-Kreis ausdrücklich unterstützt. Von Seiten der Neustädter Wehrleitung wurde in der Gesprächsrunde die Unterstützung durch den Sachbereich Brand- und Katastrophenschutz des Landratsamtes sehr gelobt. In der Unteren Katastrophenschutzbehörde werden die Anfragen für Hilfseinsätze vom Landesverwaltungsamt bzw. aus den betroffenen Bundesländern koordiniert und mit den Einsatzkräften abgestimmt.  

„Die Bereitschaft weiterer Einsatzkräfte aus den Freiwilligen Feuerwehren im Saale-Orla-Kreis, den Menschen in den betroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz zu helfen, ist sehr groß“, erklärte Landrat Thomas Fügmann dankbar.

Pressesprecherin
Brit Wollschläger