Herausfordernde Zeiten für die Landwirte im Saale-Orla-Kreis

28. Juli 2022 - Anhaltende Trockenheit lässt Ernteerträge sinken / Auskömmlichen Preisen für Raps und Milch stehen hohe Einkaufskosten gegenüber / Energiekrise als wirtschaftliche Chance

IMG 1242IMG 1242

Schleiz. Es sind fordernde Zeiten. Unsicherheiten – vor allem bei der Energieversorgung – und mitunter explodierende Kosten machen vielen zu schaffen. Für den Agrarsektor kommt aber noch ein weiteres, besonders gravierendes Problem hinzu: die anhaltende Trockenheit. Wie sehr diese Gemengelage den hiesigen Landwirten zu schaffen macht, erfuhr Landrat Thomas Fügmann beim traditionellen Erntegespräch mit dem Vorsitzenden des Kreisbauernverbands, Gunnar Jungmichel, und dem Leiter der Zweigstelle Zeulenroda des Thüringer Landesamtes für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (ehemals Landwirtschaftsamt), Dr. Arnfried Völlm.

„So eine Ernte haben wir noch nicht erlebt“, stieg Gunnar Jungmichel in seine Ausführungen ein. Während bei Wintergeste und Raps weitgehend zufriedenstellende Erträge erzielt wurden, leiden die späten Kulturen stark unter dem ausbleibenden Regen. Große Enttäuschungen erlebten die Bauern im Saale-Orla-Kreis bei Sommergeste und dem im Fokus der globalen Öffentlichkeit stehenden Weizen. Auch beim Mais zeichnet sich eine sehr schlechte Ernte ab.

Angesichts dessen, dass drei der vergangenen fünf Jahre äußerst regenarm waren und das mit Blick auf den Klimawandel wohl eher die Regel als die Ausnahme werden dürfte, laufen bereits Anpassungsprozesse mit anderen Pflanzensorten. „Es wird eine Entwicklung geben, dass sich die Kulturen verändern. Aber das klappt nicht von heute auf morgen und man darf auch keine Wunder erwarten“, verdeutlicht Gunnar Jungmichel und erklärt, dass trockenresistente Pflanzen zwar ein paar Tage länger ohne Wasser auskommen, aber eben nicht mehrere Wochen. Zudem reagieren solche Sorten deutlich empfindlicher auf Kälte.

Eine andere Herausforderung für die in vielerlei Hinsicht auf dem Weltmarkt agierenden Landwirtschaftsunternehmen stellen die extrem schwankenden Lebensmittelpreise dar. „Eine Meldung aus der Weltpolitik und es geht steil nach unten oder oben“, kommentiert der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes die Degradierung von Nahrungsmitteln zum Spekulationsobjekt. Aus Bauernsicht aktuell positiven Produktpreisen, etwa bei Raps und Milch, stehen hohe Kosten beim Einkauf von Kraftfutter und vor allem Dünger gegenüber.

Um sich wirtschaftlich über Wasser zu halten, wird somit ein Bereich, der an sich gar nicht zum Agrarsektor gehört, für viele Landwirtschaftsunternehmen immer wichtiger: die Energieerzeugung. Praktisch alle größeren und mittleren Betriebe im Saale-Orla-Kreis verfügen mittlerweile über Biogasanlagen. Durch die Entwicklung auf dem Energiemarkt produzieren viele Biogasanlagen inzwischen nicht mehr durchgängig Strom für die sogenannte Grundlast. Stattdessen werden sie – für entsprechend lukrative Entgelte – hochgefahren, um die sogenannte Spitzenlast bei besonders hoher Stromnachfrage und damit die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten. „Das ist eine Chance für uns als Energieerzeuger und wir können stolz sein, dass wir in Thüringen und der Region solche Anlagen haben, die weitgehend mit Gülle und Mist aus den eigenen Ställen betrieben werden“, so Gunnar Jungmichel.

Landrat Thomas Fügmann zollte dem Vorsitzenden des Kreisbauernverbandes stellvertretend für den gesamten Wirtschaftszweig seinen Respekt. „Meine Hochachtung, wie die Agrarbetriebe den wirklich großen Herausforderungen unserer Zeit mit viel Kreativität und Engagement entgegentreten. Die Landwirtschaft spielt im Saale-Orla-Kreis eine wichtige Rolle und die wird sie auch in Zukunft spielen.“

Im Landkreis sind mehr als 2000 Personen direkt im Agrarsektor tätig, etwa genauso viele arbeiten in angeschlossenen Bereichen. Über fehlenden Nachwuchs kann sich die Branche an Saale und Orla entgegen dem allgemeinen Trend nicht beklagen: Die Ausbildungslage ist – jedenfalls im Moment – gut und fast alle Betriebe finden geeignete Lehrlinge.

Pressesprecher
Alexander Hebenstreit