Inklusion – gemeinsam mehr erreichen

30. September 2021 - Auftaktveranstaltung zur Erstellung eines Aktions- und Maßnahmeplanes zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Saale-Orla-Kreis als erstem Landkreis in Thüringen

Diana Eckhardt Behindertenbeauftragte des SOK Diana Eckhardt Behindertenbeauftragte des SOK

Schleiz. „Im Saale-Orla-Kreis wird Inklusion groß geschrieben.“ Mit diesen Worten eröffnete Landrat Thomas Fügmann die Auftaktveranstaltung „Inklusion – gemeinsam mehr erreichen“ am Mittwoch in der Schleizer Wisentahalle. An Saale und Orla gibt es bereits eine Vielzahl von Angeboten für Menschen mit Behinderungen und barrierefreie Angebote verschiedenster Art. Einen regionalen Aktions- und Maßnahmeplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gibt es jedoch noch nicht. Gibt es bisher in keinem Thüringer Landkreis. Lediglich die kreisfreien Städte Erfurt, Weimar und Jena haben sich der Aufgabe bereits angenommen. Nach den Grundsätzen Selbstbestimmung – Teilhabe – Gleichstellung soll jedem Menschen die Teilhabe an unserer Gesellschaft ermöglicht werden: miteinander, füreinander, aktiv, gleichberechtigt, wertschätzend, fair, in allen Lebensbereichen.

„Der Saale-Orla-Kreis ist der erste Landkreis in Thüringen mit einer solchen Auftaktveranstaltung zur Erstellung eines Aktions- und Maßnahmeplanes“, lobt Markus Lorenz, Stellvertreter des Thüringer Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen,, der die fast 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung in einem Impulsvortrag mit den wesentlichen Inhalten der bereits 2006 beschlossenen UN-Behindertenrechtskonvention vertraut machte. Nach Beschlüssen des Bundestages und des Thüringer Landtages sind alle Landkreise und kreisfreien Städte bis 2023 aufgefordert, in Aktions- und Maßnahmenplänen konkret festzulegen, wie Inklusion vor Ort umgesetzt wird.

„Es ist toll, dass der Gesetzgeber Druck macht. Und ich bin dankbar, dass wir im Saale-Orla-Kreis Akteure und Partner haben, die in die gleiche Richtung denken und ein gemeinsames Ziel verfolgen“, so Landrat Thomas Fügmann. So waren Vertreter von Verbänden, Vereinen, freien Trägern wie Arbeiterwohlfahrt, Deutschem Roten Kreuz, Lebenshilfe, Diakonieverein und Diakoniestiftung, Behindertenverband, Blinden- und Sehbehindertenverband sowie Kliniken (Sternbach-Klinik Schleiz und Median-Klinik Bad Lobenstein), Bildungseinrichtungen, Behörden (Stadtverwaltungen und Staatliches Schulamt), Wohnungsgesellschaften, Unternehmen (zum Beispiel KomBus) der Einladung zur Mitarbeit gefolgt und erarbeiten in fünf Arbeitsgruppen bei diesem ersten Treffen bereits wichtige konkrete Ziele und mögliche Maßnahmen.

Es gehe darum, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass etwa jeder fünfte Bürger Thüringens eine festgestellte Behinderung hat. „Es geht um Menschenwürde, Nichtdiskriminierung, Chancengleichheit, um den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten. Es geht um Selbstverständlichkeiten“, so Markus Lorenz. Er machte gleichzeitig darauf aufmerksam, dass die Finanzierung der Umsetzung der Maßnahmen bisher nicht geklärt ist. So sollen die Aktionspläne Elemente für die Praxis vor Ort werden, sollen realisierbare Pläne sein, keine Luftschlösser. „Wer macht bis wann was? Diese Frage soll in einem partizipativen, barrierefreien Prozent beantwortet werden. Die Anfangsbuchstaben des Saale-Orla-Kreises beschrieb Lorenz als S wie sozial, O wie offen und k wie kommunikativ.

Diese Attribute trafen auch auf die Workshops in den Arbeitsgruppen Bildung und Ausbildung, Kinder mit Behinderung; Bauen, Wohnen, Mobilität; Gesundheit, Rehabilitation und Pflege; Kommunikation und Information, Teilhabe am öffentlichen Leben sowie Arbeit und Beschäftigung zu. Eine bessere Integration von Menschen mit Behinderungen auf den ersten Arbeitsmarkt wurde ebenso gefordert wie in Integrativer Tourismus. Eine weitere Vernetzung der jeweiligen Anbieter, um gemeinsam Hürden und Hemmschwellen abzubauen, wurde als Maßnahme vorgeschlagen. Die Erfassung und Bekanntmachung bereits bestehender Angebote, das Bündeln und Informieren über vorhandene Hilfsangebote, gerade im Bereich der Pflege, wurde eingefordert. Die Phase der Corona-Pandemie habe hier bestehende Defizite im ländlichen Raum noch deutlicher gemacht.

„Das Thema Inklusion muss mehr ins Bewusstsein gelangen. Ziel muss eine volle und wirksame Partizipation im Alltag sein, ein Abbau von Vorurteilen – schon in Kita und Schule, Barrierefreiheit für alle Menschen – auch für die Mutti mit dem Zwillingskinderwagen, für Zugewanderte, für Menschen aller Altersgruppen, die im täglichen Leben ganz verschiedene Hürden überwinden müssen – vom abgesenkten Bordstein für Rollstuhlfahrer bis zur Vorlesefunktion für Informationen und Artikel auf der Webseite des Saale-Orla-Kreises.

„Wir haben vor längerer Zeit ein Projekt angefangen, wo wir alle Gaststätten im Saale-Orla-Kreis gefragt haben, ob sie barrierefrei sind und ob sie behindertengerechte Toiletten haben, haben die Ergebnisse aber bisher nicht veröffentlicht“, bedauerte Anja Kuschik-Büttner, Geschäftsführerin des Behindertenverbandes. Dies ist nun als eine umsetzende Maßnahme aufgenommen worden. „In der Alten Münze fragen fast täglich Besucher, wo es in Schleiz eine behindertengerecht Toilette gibt“, berichtet die Beigeordnete des Landrates Almut Lukas aus ihrer Erfahrung als Mitarbeiterin der Stadtverwaltung Schleiz.

Wo gibt es schon barrierefreies Wohnen, öffentlichen Personennahverkehr, Kindereinrichtungen und Schulen, Behörden, Firmen, soziale Einrichtungen im Saale-Orla-Kreis? – fragte sich eine Arbeitsgruppe und forderte eine echte Bestandsaufnahme und viel Aufklärungsarbeit bei allen Partnern.

Die Ergebnisse der Auftaktveranstaltung sind nun Grundlage für die weitere Arbeit in den Arbeitsgruppen und den Aufruf an weitere Akteure, sich zu beteiligen. „Wir sind uns bewusst, dass der Weg zu diesem Aktions- und Maßnahmeplan nicht einfach wird, aber wir haben uns ran getraut an dieses komplexe Thema“, erklärte Katrin Nielsen, Fachbereichsleiterin Jugend, Familie, Soziales, unteren deren Führung die bisherigen Aktivitäten liefen. Sie dankte allen Beteiligten – sowohl für das bisher an den Tag gelegte große Engagement im Kreis, als auch für die gelungene gemeinsame Ideenfindung für notwendige Veränderungen und Verbesserungen.

„Es geht um eine strategische Ausrichtung zum Thema Inklusion. Unser Ziel ist es, den regionalen Aktions- und Maßnahmeplan im vierten Quartal 2022 dem Kreistag des Saale-Orla-Kreises vorzulegen“, so Diana Eckhardt, Behindertenbeauftragte des Saale-Orla-Kreises.

Pressesprecherin
Brit Wollschläger