Gewalt in der Pflege darf nicht passieren

2023: Netzwerk gegen häusliche Gewalt im Saale-Orla-Kreis will zur Aufklärung beitragen und Hilfe anbieten

Das Netzwerk hat das Thema "Gewalt in der Pflege" in den Fokus seiner Arbeit gestellt und will Aufklärung leisten, Hilfe anbieten.

„Während der Corona-Pandemie haben ganz besonders ältere Bürgerinnen und Bürger und  Pflegebedürftige unter den Einschränkungen und nicht selten unter Einsamkeit gelitten. Viele erhielten keinen Besuch, viele waren sehr lange allein in ihren Zimmern oder Wohnungen. Es gab Verzweiflung, Hilflosigkeit, Aggressionen und leider auch Gewalt in der Pflege.
Wir Mitglieder des Netzwerkes gegen häusliche Gewalt wollen unsere Hilfe anbieten,“ erklärt Nadine Hofmann, Vorsitzende des Netzwerkes gegen häusliche Gewalt im Saale-Orla-Kreis.

Gewalt in der Pflege kann in Pflegeeinrichtungen, bei Pflegediensten, aber auch in der häuslichen Pflege durch Angehörige vorkommen. Pflegende wissen teilweise nicht, dass ihr Verhalten als unangemessen oder übergriffig verstanden werden kann. Meistens kommen mehrere Faktoren zusammen, die zu Gewaltausübungen führen.

Die Pflege zu Hause ist für pflegende Angehörige eine sehr große Aufgabe, die viele Belastungen mit sich bringen und Emotionen auslösen kann – zum Beispiel Scham, Ekel, aber auch Niedergeschlagenheit, Schlafmangel und Erschöpfung. Wichtig ist, dass Betroffene auf Anzeichen der Überforderung achten (häufige Infekte, Kopf- oder Rückenschmerzen, innere Unruhe, Schuldgefühle sowie Schuldzuweisungen, Angst, Niedergeschlagenheit, Gereiztheit) und professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

Auch Pflegebedürftige können verbale und körperliche Gewalt ausüben - sei es gegenüber pflegenden Angehörigen, aber auch gegenüber Pflegekräften. Die Gründe dafür sind vielfältig: So können zum Beispiel Krankheiten wie Demenz Wesensveränderungen hervorrufen. Auch der Verlust der Selbständigkeit, Gefühle der Hilflosigkeit, Fremdbestimmtheit, Entwürdigung (insbesondere bei der Intimhygiene) und Angst spielen eine Rolle dabei, dass Pflegebedürftige ein aggressives Verhalten entwickeln. Menschen mit geistigen Behinderungen, Suchterkrankungen oder psychiatrischen Störungen können Gewalt in Form von verbalen, aber auch körperlichen oder sexuellen Übergriffen  gegenüber Pflegenden ausüben, wenn ihre Einsichts- und Steuerungsfähigkeit zum Teil stark eingeschränkt ist. Auch in diesen Fällen sollten die Betroffenen professionelle Hilfe annehmen.

Warum passiert mir das? Ist es vielleicht meine Schuld? Was habe ich falsch gemacht? Was kann ich dagegen tun?

Betroffene wissen oft nicht, wen sie um Hilfe bitten können, wen sie fragen können, ob das „normal“ ist, was ihnen passiert, was ihnen angetan wird. Vielleicht sind Sie verängstigt, hilflos, traurig oder auch wütend, voller Zorn und an dem Punkt zu sagen: Ich ertrage es nicht mehr. Doch es gibt Hilfen, um aus dieser Situation heraus zu kommen.


Die Mitglieder des Netzwerkes gegen häusliche Gewalt im Saale-Orla-Kreis haben Merkblätter zu „Gewalt in der Pflege“ erarbeitet. Diese wurden bei den mobilen Seniorenbüros, den AGATHE-Büros (Thüringer Initiative gegen Einsamkeit) und allen Tagespflegeeinrichtungen verteilt; ebenso bei den Gemeinde-, Stadt- und Kreisverwaltungen und natürlich den einzelnen Beratungsstellen des Netzwerkes gegen häusliche Gewalt.

Außerdem wurde ein Aufklärungsflyer in leichter Sprache - in Zusammenarbeit mit der Behindertenbeauftragten des Saale-Orla-Kreises, Diana Eckardt - und einer spezialisierten Agentur erarbeitet.

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