Sein & Schein – in Geschichte, Architektur und Denkmalpflege

21. Mai 2021 - Tag des offenen Denkmals soll am 12. September 2021 wieder vor Ort und digital stattfinden

Schloss Burgk aus der VogelperspektiveSchloss Burgk aus der Vogelperspektive

Schleiz. Der Tag des offenen Denkmals soll in diesem Jahr wieder vor Ort und digital stattfinden – davon gehen derzeit alle Verantwortlichen aus. Nachdem im vergangenen Jahr nur digitale Begegnungen mit Denkmalen bzw. mit Denkmaleigentümern stattfinden konnten, hofft die Deutsche Stiftung Denkmalschutz wieder auf die authentische Begegnung und die Gespräche vor Ort.

„Seien wir doch mal ehrlich, sehnen wir uns nicht alle wieder nach Normalität? Auch die beste Visualisierung ist durch nichts zu ersetzen, was man mit den eigenen Augen und Ohren wahrnehmen kann und will“, sagt Sabine Berner vom Fachdienst Bauordnung des Landratsamtes, die seit Jahren für die Organisation des Tages des offenen Denkmals im Saale-Orla-Kreis verantwortlich zeichnet.

Gerade auch das diesjährige Motto soll zeigen, wie sich Sinne täuschen lassen und wie in den Epochen der bildenden Künste, aber auch in der Architektur und dem Handwerk absichtlich „getäuscht“ wurde. Man denke an die perspektivischen Raffinessen in der Wand- und Deckenmalerei, die Räume höher und größer erscheinen ließen, die Verwendung von Stuckmarmor oder Pappmaché als preiswerte Ersatzstoffe sowie Scheinfassaden, die Gesimse, Steinmauerwerk oder Reliefs vortäuschen konnten. Egal ob der Bauherr damit seine Besucher mit modernen Techniken beeindrucken oder einfach nur sparen wollte – die Vielfalt der Möglichkeiten einer augenscheinlichen Täuschung  sind vielfältig.

Eine Epoche aber hat ganze Baustile vorgetäuscht: der Historismus des 19. Jahrhunderts. Ob Romanik, Gotik, Renaissance oder Barock – es wurden Bauelemente immitiert, neu interpretiert oder vermischt. Besonders in der Schloss- und Villenarchitektur finden sich dafür herausragende Beispiele auch in unserer Region.

Aber es stellt sich in der Denkmalpflege auch noch die Frage zum Umgang mit dem historischen Erbe, vor allem im Umgang mit dem Original oder verlorengegangener Substanz und der damit möglichen Täuschung durch Neubauelemente. Konservieren, restaurieren oder rekonstruieren?  – Dazu müssen Tätige in der Denkmalpflege Entscheidungen treffen und werden oft genug in der medialen Öffentlichkeit dafür kritisiert, weil sie sich zuallererst dem Grundgedanken der Denkmalpflege verpflichtet fühlen, nämlich die originalen Spuren der Geschichte zu bewahren und nicht Neues alt aussehen zu lassen.  Dieser ständige Diskurs mit Denkmaleigentümern, Architekten, Behördenvertretern und den Handwerkern im Umgang mit dem vorgetäuschten Neuem oder dem Original ist aber auch notwendig, weil er die Sinne für das Überkommene und die Achtung vor den alten Handwerkstechniken schärfen kann. Letztlich ist es immer eine spezifisch auf das Denkmal und dessen Nutzung zugeschnittene Entscheidung, wie man Neues im Bestand ergänzt oder wann eine Rekonstruktion tatsächlich sinnvoll ist, nämlich dann, wenn das Original bereits verloren ist oder nur noch Fragmente existieren, aber der Sachzusammenhang wesentlich ist, um das Charakteristische am Denkmal zu bewahren. Dabei finden in der Praxis auch immer mehr moderne Techniken, wie digitale Untersuchungsmethoden oder die Visualisierung Anwendung und nicht zuletzt rücken auch 3-D-Drucke bei der Restaurierung und Rekonstruktion von Denkmalsubstanz in den Focus.

„Sein & Schein in der Denkmalpflege“  – Ein spannendes Thema für den 12. September mit hoffentlich wieder offenen Häusern und Kontakten vor Ort. „Wenn Sie an diesem Tag mitmachen oder sich informieren möchten, was derzeit bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz unter (noch) Pandemiebedingungen in Planung ist, dann schauen Sie bitte auf die Internetseite unter www.tag-des-offenen-denkmals.de und nutzen Sie die Anmeldefunktionen zur Teilnahme“, ruft Sabine Berner auf.

Brit Wollschläger
Pressesprecherin