Weißstörche im Saale-Orla-Kreis mit nur wenigen Jungen
22. Juni 2020 - Überschaubares Nahrungsangebot trotz vermeintlich satter Grünflächen macht „Adebar“ zu schaffen / Nisthilfen werden lediglich an zwei Orten angenommen


Schleiz. In den zurückliegenden Wochen wurden in und um Schleiz vermehrt Weißstörche beobachtet. Berichten zufolge wurden bis zu sechs Vögel gesichtet, viele auf stillgelegten Schornsteinen. Die Untere Naturschutzbehörde erreichten hierzu vermehrt Anrufe, auf die sie kurz eingehen möchte.
Im Saale-Orla-Kreis sind derzeit zwei Neststandorte bekannt: bei Oettersdorf und Geroda. „Am Nest bei Geroda trafen die Vögel dieses Jahr etwa Mitte März ein und begannen sofort mit der Erneuerung ihres Nests. Ein Jungvogel hat die kalten Tage Anfang Juni überlebt und wird hoffentlich in Kürze ausfliegen“, berichtet Frank Radon von der Naturschutzbehörde. In Thüringen ist es üblich, dass die meisten Paare der mit etwa vier Jahren geschlechtsreifen Weißstörche schon im März mit der Brut beginnen.
Die Störche, die Anfang Mai und Mitte Juni im Saale-Orla-Kreis beobachtet wurden, sind vermutlich noch nicht geschlechtsreif und streifen umher. „Deshalb macht es nicht immer Sinn eine Nisthilfe zu errichten, wo die Vögel auftauchen“, erklärt Frank Radon. Wichtig ist, dass die Weißstörche im Umkreis von bis zu fünf Kilometern um den Horst ausreichend Nahrungsgründe finden. „Das ist in unserer Kulturlandschaft nicht mehr so oft der Fall, auch wenn es vermeintlich grün aussieht. Ein Altstorch benötigt etwa 500 Gramm Nahrung am Tag, hinzu kommt das Futter für bis zu vier Junge“, so Naturschutzexperte Radon weiter. Der Mangel an ergiebigen Nahrungsquellen ist sicherlich auch die Ursache für die geringen Jungenzahlen der zwei Paare im Saale-Orla-Kreis.
„Von Privatpersonen, dem Nabu oder der Unteren Naturschutzbehörde bereitgestellte Nisthilfen – aus menschlicher Sicht in optimalen Lebensräumen – werden nicht angenommen. Bezeichnend für die fehlende Habitatqualität ist, dass im Plothener Teichgebiet mit zahlreichen Gewässern und viel Grünland schon seit Jahrzehnten keine Weißstörche brüten“, konstatiert Frank Radon. Außer im Teichgebiet wurden unter anderem an Renaturierungsflächen bei Neunhofen und Tanna Nisthilfen errichtet.
Angenommen werden durch die „Adebare“ lediglich die Standorte auf Schornsteinen bei Oettersdorf und Geroda. Die Oettersdorfer Nisthilfe ist seit 2014 belegt. Seither gab es vier erfolgreiche Bruten mit insgesamt acht ausgeflogenen Jungvögeln. Die Nisthilfe auf dem Schornstein der Agrar- und Dienstleistungsgenossenschaft Geroda wurde noch im Startjahr 2011 von Weißstörchen besetzt und seitdem jährlich genutzt. In zehn Jahren gab es sieben erfolgreiche Bruten mit 15 Jungvögeln.
Die Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde sind nach wie vor für Hinweise auf geeignete Standorte für Nisthilfen dankbar – wohlwissend, dass die Vorhaben nicht immer umsetzbar sind.
Pressesprecher Alexander Hebenstreit